Ermessenseinschätzung auch bei der Mehrwertsteuer möglich

Ermessenseinschätzung auch bei der Mehrwertsteuer zulässig

Jeder Mehrwertsteuerpflichtige muss auf Verlangen der Steuerverwaltung seine Unterlagen zur Überprüfung der Steuerzahlungen und des zulässigen Vorsteuerabzugs einreichen. Tut dies der Steuerpflichtige nicht oder liegen keine, oder nur unvollständige Aufzeichnungen vor oder stimmen die ausgewiesenen Ergebnisse mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht überein, so schätzt die Steuerverwaltung die Steuerforderung ein.

Vor Bundesgericht erschienen Restaurantbesitzer, die keine ordnungsgemässen Aufzeichnungen eingereicht hatten. Es bestand eine Differenz von rund CHF 50’000 zwischen der Mehrwertsteuerabrechnung (ca. CHF 150’000) und der Buchhaltung (ca. CHF 100’000). Das Bundesgericht bestätigte die Ermessenseinschätzungen der Steuerverwaltung.

Das Gericht führte aus, eine Steuereinschätzung sei dann korrekt, wenn die aus der Buchführung resultierenden Ergebnisse, auch wenn die Bücher formal ordnungsgemäss geführt werden, offensichtlich nicht der Wirklichkeit entsprechen. Im konkreten Fall fehlte das Kassenbuch und das Kassenkonto wies einen negativen Saldo auf, obwohl dieses Konto logischerweise einen positiven Sollsaldo haben muss.

Wichtig für den Steuerpflichtigen: Den formellen Anforderungen an die Geschäftsbücher ist Beachtung zu schenken. Zwar ist auch bei formell korrekten Aufzeichnungen eine Ermessenseinschätzung möglich, aber weniger wahrscheinlich. Gerade bei bargeldintensiven Unternehmen ist bei «schlechten» Zahlen, bzw. unterdurchschnittlichen Margen die Gefahr einer Überprüfung und Einschätzung höher.

Mit einer tadellosen Dokumentation lässt sich die Steuereinschätzung am ehesten reduzieren. (Quelle: BGE 2C_885/2019 vom 5.3.2020)

Bei Fragen sind wir gerne für Sie da.

Umstrukturierung, neue Mehrwertsteuer Risiken bei einem Asset-Deal (Einzelaktiven)

Umstrukturierung, neue Mehrwertsteuer Risiken bei einem Asset-Deal (Einzelaktiven)

Ein neues Bundesgerichtsurteil (Urteil 2C 923/2018) schlägt einen neuen Weg beim Asset-Deal ein.

In der Vergangenheit verblieben die mehrwertsteuerlichen Risiken bei der Übernahme von Aktiven und Passiven (Asset-Deal) beim Verkäufer, ausser es wurden sämtliche Aktiven und Passiven übertragen und der übertragende Rechtsträger ging mit der Transaktion unter (sowie wenige weitere Ausnahmen). Der Käufer der Aktiven und Passiven war somit geschützt und musste sich nicht um die historischen MWST-Risiken des mittels Asset-Deals erworbenen (Teil-)Betriebes kümmern. Dies im Unterschied zu einem Share-Deal, bei welchem die Aktien am Unternehmen und somit die ganze «MWST-Geschichte» des Unternehmens erworben wurden.

Mit dem neuen Urteil hat das BGer die bisherige gerichtlich bestätigte Praxis aufgrund des seit 1. Januar 2010 geltenden Art. 16 Abs. 2 MWSTG relativiert. Gemäss Urteil muss davon ausgegangen werden, dass bei einem Asset-Deal die mehrwertsteuerlichen Risiken des gekauften (Teil-)Betriebes auf den Käufer übergehen (partielle Steuersukzession), auch wenn die verkaufende Rechtseinheit weiterhin bestehen bleibt und weiterhin operativ tätig ist.

Die finalen Auswirkungen des Urteils sind noch nicht abschliessend geklärt.

Das Urteil bedeutet jedoch, dass inskünftig nicht nur bei einem Share-Deal, sondern neu auch bei einem Asset-Deal die allfälligen mehrwertsteuerlichen Risiken (oder auch Opportunitäten) vor dem Kauf durch den Käufer genau geprüft werden sollten (zum Beispiel mit einer Tax Due Diligence) und entsprechende Bestimmungen im Kaufvertrag aufgenommen werden sollten.

Bei Fragen sind wir gerne für Sie da. Email: info@steuerberatung-aargau.ch